Die Stimmung in Spanien nach der Katalonien-Wahl

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Katalonien Flagge

Katalonien hat gewählt. Die „Independistas“ – Die Parteien, die für einen unabhängigen katalonischen Staat stehen – haben gewonnen. Sie könnten eine absolute Mehrheit im Parlament haben, wenn sie eine entsprechende Koalition eingehen. Eine absolute Mehrheit der Stimmen haben sie allerdings nicht ergattern können. Viel Raum für angeregte und emotional gefüllte Diskussionen.

„Sollen sie doch gehen! Die werden schon sehen, was sie davon haben“, sagen die Einen. Katalonien gehört genauso zu Spanien wie Madrid oder Andalusien“, sagen die Anderen. Wenn in Spaniens Bars und Kneipen diskutiert wird, dann geht es sowieso schon seit jeher etwas lauter zu, als wir das in Deutschland gewohnt sind. Bei diesem Thema spalten sich die Gemüter aber besonders stark.

Insbesondere unter der Generation, die noch unter der Franco-Diktatur gelebt hat, gibt es heftige und laute Diskussionen. Unter Franco wurde den Katalanen verboten ihre eigene Sprache zu sprechen. Dies ist immer noch ein wichtiges Argument der Independistas, wenn es darum geht ihren Anspruch auf einen unabhängigen Staat zu verteidigen. Neben der eigenen Sprache stehen die eigene Kultur und auch insbesondere die starke Wirtschaft ganz oben auf der Argumentationsliste. Viele Katalanen sind es Leid ärmere Regionen wie Extremadura oder Andalusien zu subventionieren. Das in Katalonien erwirtschaftete Geld soll gefälligst auch der katalanischen Wirtschaft zu Gute kommen. Es herrscht das Gefühl, dass die verhasste Zentralregierung in Madrid den Katalanen ihre Steuereinnahmen entreißt und für Unfug verschwendet. „Und außerdem sind die da in Madrid sowieso alle korrupt“, hört man nicht allzu selten, wenn man mit Befürwortern der Unabhängigkeitsbewegung diskutiert.

Dass viele Politiker in Madrid Dreck am Stecken haben, bestreiten noch nicht einmal die Gegner der Bewegung. Jedoch fragen sie sich auch welche Rolle denn ein unabhängiger Staat Katalonien in Europa und der Welt spielen wird. „Ihr fliegt aus der EU und den Euro werdet ihr auch verlieren!“, hört man oft mit einem Unterton der Schadenfreude. „Macht doch was ihr wollt! Die großen Unternehmen, auf denen euer Wohlstand aufbaut, werden dann nach Madrid gehen.“ In der Tat gibt es bereits Berechnungen, die im Falle eines unabhängigen Kataloniens von einem Schrumpfen der Wirtschaft von bis zu 20 Prozent ausgehen. Denn welcher Unternehmer hat schon Lust sich wieder mit Wechselkursen und Ausfuhrzöllen herumzuschlagen, wenn er seine Waren nach Frankreich oder Deutschland verkaufen möchte?

Ach ja, und was passiert eigentlich mit dem „Clásico“? Real Madrid gegen den FC Barcelona ist seit jeher das Event, bei dem ganz Spanien in zwei Lager gespalten ist. Entweder Madrid oder Barcelona. Sonst nichts. Wenn zum Clásico angepfiffen wird, dann sitzen in jeder Kneipe Spaniens zahlreiche Messi- und Ronaldo-Anhänger hübsch nach Trikotfarben getrennt und giften sich gegenseitig an. Ob nun Messi oder Ronaldo besser kann auch nach Apfiff nur selten abschließend erörtert werden. Nun kommen zu den üblichen Diskussionen aber noch die hämischen Sprüche der Madrilenen hinzu, dass Barca bald in seiner eigenen katalanischen Liga gegen Espanyol Barcelona oder ähnliche mittelmäßige Vereine spielen wird.

Doch auch hierfür gibt es das passende Gegenargument. Die Katalanen beziehen sich dabei auf das Modell des AS Monaco, welches mangels eigener Liga des Fürstentums in der französichen Liga mitspielen darf. Der spanische Fußballverband hat dieses Modell zwar schon vor den Wahlen in Katalonien abgelehnt, jedoch möchte kaum jemand in Spanien an das Szenario denken, wie es wäre, wenn es auf einmal kein Clásico mehr gäbe.

Es wird heiß und leidenschaftlich diskutiert. Es wird mit Wahrheiten und Halbwahrheiten um sich geschmissen, Fakten werden so gedreht, wie man es gerne hätte und der europäische Gemeinschaftsgedanke scheint dabei leider oft auf der Strecke zu bleiben.

Wie es nun weitergeht wird die Zeit zeigen, die Gemüter werden sich schon wieder abkühlen und man kann nur hoffen, dass sämtliche in der Politik getroffenen Entscheidungen mit dem Kopf und nicht aus dem Bauch heraus entschieden werden.

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