Die Semana Santa in Tarifa

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Die Semana Santa in Tarifa

Mit dem Palmsonntag beginnt in ganz Andalusien die „Semana Santa“.
Die so genannte Karwoche ist in dem katholisch geprägten Spanien eine der bedeutungsvollsten und wichtigsten Wochen des Jahres.

Diese Jahrhunderte alte Tradition, die unter anderem auch das Wiederkehren des Frühlings symbolisiert, hinterlässt beim Zuschauer, sowie Touristen viele gegensätzliche Eindrücke. Ausgelassene Feierstimmung, rappelvolle Bars und fromme Besinnlichkeit liegen hier sehr eng beieinander.

Viele Plakate, Poster und Veranstaltungsprogramme weisen schon Wochen vorher auf die bevorstehende Karwoche hin.
Lange vor der Semana Santa bemerken aufmerksame Beobachter am Abend seltsam schmucklose aber mit Gewichten verstärkte Vehikels, welche im Takt durch die Straßen und Gassen der Städte ziehen. Manch einer fragt nach der Bedeutung der zum Teil mit Bauplanen verhängten Gestelle und findet die Erklärung am Palmsonntag, wenn uniformierte Musikzüge unter Ohren berauschendem Trommelgetöse den festlich geschmückten Pasos folgen, und die Prozessionen der Semana Santa einläuten.
Der erste Paso wird in Tarifa von Frauen getragen. Gefolgt von einer Kinderschar mit Palmwedeln.

Diese schweren Schreine mit den oft jahrhundertealten Christus- und Marienfiguren aus den örtlichen Kirchen werden von den „Cofradias“, den religiösen Bruderschaften der Pfarreien monatelang vor der Semanta Santa vorbereitet. Teilweise schmücken unzählige Orchideen und Kerzen diese tragbaren, mit aufwendigen Schnitzereien, edlen Laternen und wertvollen Stoffen verzierten, meterhohen Schreine.
Der Besucher bemerkt sofort mit welcher Geschicklichkeit die „Costaleros“ (Träger) die tonnenschweren „Pasos“ mit komplizierten Schrittfolgen, teilweise barfuß, stundenlang durch die engen Gassen der Altstadt, bis tief in die tiefe Nacht hinein tragen. Die Zuschauer honorieren diese Geschicklichkeit, die schon beim Verlassen bzw. Durchschreiten der engen Kirchenpforte beginnt, mit tosendem Applaus.

Mit Klopfzeichen und lauten Kommandos der „Commandantes“ werden die „Pasos“ , dessen größter in Tarifa von 35 „Costaleros“ bewegt wird, durch die engen Gassen navigiert.
Oft passt nur noch eine handbreit zwischen die Pasos und die Häuserwände.
Dabei werden von jedem Costalero unter dem Paso höchste harmonische Bewegungen angestrebt. Manchmal bringen die Träger die „Heiligenfiguren auf den Pasos mit ihren kleinen Schrittbewegungen zum Tanzen, oder sie verbeugen sich vor der Menge, die rechts und links an den Straßen steht. Auch dieses schwere und geschickte Tun wird ebenfalls mit Applaus und Rufen aus der Menge bedacht.
Semana-Santa-in-Tarifa-01Die äußerst kraftraubende und anstrengende Prozedur verlangt den „Costaleros“ alles ab. Wobei jeder Costalero bis zu 80 Kilo auf seinem Nacken trägt. So ist es nicht verwunderlich, dass immer mehrere Ersatzträger dabei sind, welche sofort einspringen, wenn einer der Träger unter der schweren Last kollabiert. Der Sinn des Ganzen ist ein zusammenschweissendes Kollektiverlebnis unter dem Paso, welche nur akustisch geleitet werden.
Begleitet wird jede Prozession von den Nazarenos in ihren beeindruckenden Büßergewändern. Vermummt hinter den typisch spitzen Kapuzen folgen sie dem Zug oder führen diesen mit Kreuzen und Kerzen tragend an. Zum Zug gehören ebenfalls die Penitentes (Büßer), die ein Holzkreuz auf der Schulter tragen. Traditionell ermöglicht das Büßergewand eine anonyme Buße.

Die ruhige und besinnliche Stimmung wird dann immer mit dem gleichen Trommeltakt in ein neues Musikstück abgelöst oder beendet. Die Kommunikation des teilweise langen Zuges findet immer über Klopf- und Klingelzeichen statt.

Weihrauch schwenkende Ministranten tragen zur sakralen Stimmung bei. An manchen Orten werden vor den Marienfiguren Klagelieder, die „Seatas“ angestimmt.
In diesem Moment ist von der Menge gar nichts mehr zu hören. Absolute Stille macht sich breit. Dieses durch und durch bewegende und ergreifende Schauspiel ist dem Außenstehenden, der an diesem Spektakel nicht teilnimmt, nur schwer zu vermitteln. Tatsächlich zeugt hier alles von einer tieferen traditionellen Religiosität, die aber auch ausgiebiges, geselliges Essen und Trinken nicht außer achtlässt.

So ziehen Jung und Alt in dieser Woche bis in die Morgenstunden um die Häuser. Dann öffnen sich für eine Woche in Tarifas Altstadt die vielen Bars, die sonst nur den Sommer über geöffnet haben. Mit dem Karfreitag nähert sich die Semana Santa dem Ende. Die Töne werden gediegener und lange Glockenschläge der Kirchen begleiten den Zug der Pasos aus der Kirche. Dieser Feiertag steht ganz im Zeichen der Trauer und selbst die Strassenlaternen werden herunter gedimmt.
Semana Santa heißt aber auch, eine Woche lang nur eingeschränkte Geschäftigkeit in Andalusien. Oft bekommt man nur achselzuckend „Semana Santa“ gesagt, was dann z.B. die Erklärung für die nicht ausgelieferte Post ist oder das Ausbleiben der Handwerker erklärt.
Dies ist hier aber nicht so tragisch, denn dann passiert eben alles eine Woche später. Dafür wird der Besucher oder auch der Einheimische mit einer durch und durch beeindruckenden Woche entschädigt.

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