Geschichte: Die Ereignisse von Benalup-Casas Viejas

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Benalup Casas- Viejas

Casas Viejas, ein kleines Dorf in der Provinz Cádiz mit nicht einmal 2.000 Einwohnern erlangte im Jahr 1933 traurige Berühmtheit, nachdem es dort zu den „Ereignissen von Benalup-Casas Viejas“ gekommen war.

Nach einem Streik der Eisenbahnergewerkschaft CNT entsandte die spanische Regierung eine Kompanie der Guardia Civil in die Provinz Cádiz. Als diese am 11. Januar 1933 in Jerez de la Frontera ankam, wurden sie informiert, dass die Telefonleitung in Casas Viejas gekappt worden ist.

Was war passiert? In der Nacht vom 10. auf den 11. Januar kam es zu einem Aufstand. Einige mit der CNT verbandelte Bauern hatten die Kaserne der Guardia Civil gestürmt. Angeführt wurde die Gruppe von Maria Silva Cruz, dessen Vater und Onkel Mitglieder in der CNT waren. Zuerst setzten sie in dieser Nacht den Bürgermeister ab, bevor sie sich gewaltsam Zutritt in die Kaserne verschafften. Mit Schrottflinten drangen sie in das Gebäude ein, wo sie auf drei Polizisten und einen Feldwebel trafen. Nach heftigem Feuergefecht zwischen den Angreifern und der Polizei wurde sowohl der Feldwebel, als auch ein Polizist schwer verletzt. Der Feldwebel starb am darauffolgenden Tag und der Polizist zwei Tage später.

Nach dem Angriff reagierte die Guardia Civil schnell. Bereits im Morgengrauen rückten ungefähr 90 Polizisten (andere Quellen sagen, es seien nur 40 gewesen) an, die sogleich das komplette Dorf einnahmen. Die Einwohner von Casas Viejas flohen entweder vor lauter Angst oder schlossen sich in ihre Häuser ein, wo sie sich verbarrikadierten. Die Guardia Civil nahm sofort einige der Verantwortlichen des Angriffes auf die Kaserne fest. Während sie heftige Schläge einstecken mussten, verrieten sie die Namen weiterer Verantwortlicher. So fiel auch der Name Francisco Cruz Gutierrez, der im Dorf nur „Seisdedos“ genannt wurde. Die Guardia Civil umzingelte das Lehmhaus des Gewerkschafters und begann zu schießen. Auch die Anarchisten innerhalb des Hauses eröffneten das Feuer. Ein Polizist wurde tödlich getroffen. Ob er nach an Ort und Stelle starb und erst später seinen Verletzungen erlag ist unter den Historikern umstritten. Ein anderer Polizist wurde schwer verletzt. Die Schusswechsel dauerten bis zehn Uhr abends, hatten jedoch keinen Erfolg.

Nun kam der Befehl aus dem Hauptquartier in Jerez, dass man „ohne Gnade gegen diejenigen, die auf unsere Truppen schießen, vorgehen solle“. Die Lehmhütte des „Seisdedos“ wurde daraufhin in Brand gesteckt, um die Anarchisten zur Flucht zu zwingen. Als zwei Mitglieder der Gruppe, ein Mann und eine Frau, aus dem Haus flohen wurden sie sofort erschossen. Sechs weitere Mitglieder der Gruppe verbrannten in dem Haus. Unter den Opfern befand sich auch „Seisdedos“, seine beiden beiden Söhne, sein Schwiegersohn und seine Schwiegertochter. Die einzige Überlebende das Massakers war die Enkelin von „Seisdedos“ Maria Silva Cruz, die mit einem Kind in den Armen, den Flammen entkam.
Gegen vier Uhr morgens am 12. Januar wollte Hauptmann Rojas den Aufständischen einen Denkzettel verpassen. Er gab Anweisung die prominentesten Anarchisten zu suchen und zusammenzutreiben. Dabei wurde ein 74-jähriger alter Mann erschossen, als er sich zu Hause einschließen wollte. Zwölf weitere Personen wurden verhaftet und in Handschellen zu der abgebrannten Hütte des „Seisdedos“ geführt. Dort wurde ihnen die Leiche des Polizisten gezeigt, der bei den Schusswechseln ums Leben kam. Anschließend wurde einer nach dem Anderen kaltblütig hingerichtet.

Hauptmann Rojas rechtfertigte sein Tun später wie folgt: „Aufgrund der angespannten Situation waren wir alle sehr nervös. Jedoch waren unsere Anweisungen klar und deutlich. Es hieß, dass wir bei dem geringsten Widerstand schießen sollten. Die unverschämten Blicke der aufständischen waren Widerstand genug, sodass wir uns dazu entschlossen einen nach dem Anderen hinzurichten. In dieser Nacht haben wir Spanien vor der Anarchie, die sich überall in der Republik breitmachte, gerettet.“

Neunzehn Männer, zwei Frauen und ein Kind starben an diesen beiden Tagen. Drei Mitglieder der Guardia Civil ereilte das gleiche Schicksal. Die Angaben variieren ein wenig. Je nach Version starben noch zwei weitere Personen. Trotz alledem hatte die zweite spanische Republik nun eine handfeste Tragödie zu beklagen.

Die Überlebende Maria Silva Cruz wurde zuerst verhaftet und verbrachte eine kurze Zeit im Gefängnis in Cádiz, bis sie nach Madrid ging um weiter für ihre Sache zu kämpfen. Die Ereignisse in Casas Viejas und vor allem die Brutalität und Kaltblütigkeit der Guardia Civil erregte viel Aufsehen im spanischen Parlament. Vor allem die republikanische Regierung, die eigentlich die Aufstandsbekämpfung anordnete, litt unter Unbehagen. Maria wurde aus Cádiz freigelassen, da die Regierung immer mehr unter Druck geriet. Nationalistische und rechte Gruppierungen gewannen immer mehr an Boden, bis die Mitte-Links-Regierung im September 1933 schließlich fiel.

In den darauf folgenden Jahren, die auch als das „schwarze Doppeljahr“ (bienio negro) bekannt geworden sind, kam es immer wieder zu Aufständen und Regierungskrisen zwischen Rechten und Linken, zwischen Monarchisten und Kommunisten. Die Instabilität Spanien resultierte schließlich im spanischen Bürgerkrieg, der am 17. Juli 1936 ausbrach. Maria Silva Cruz musste schließlich mit ihrem Sohn nach Ronda flüchten, wo sie am 23. August 1936 von de Faschisten aufgegriffen und erschossen wird.

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