Wahlergebnisse der Wahl in Katalonien 2015 – Mehrheit für Separatisten

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Katalonien Flagge

Die Wahllokale sind seit 20 Uhr geschlossen. Aktuelle Wahlergebnisse und Hochrechnungen der Parlamentswahl in Katalonien gibt es hier. Den vorherigen Verlauf der Wahl finden Sie hier.

+++ Live-Ticker: Wahlergebnisse der Parlamentswahl in Katalonien 2015: +++

Die separatistischen Parteien Junts pel Sí und CUP haben eine Mehrheit bei den Wahlen in Katalonien geholt. Innerhalb von 18 Monaten will Ministerpräsident Artur Mas die autonome Region in die Unabhängigkeit führen. Die Zentralregierung Spaniens ist dagegen.

Bei einer historischen Wahlbeteiligung von 77,44% sind im katalonischen Parlament 135 Sitze zu verteilen, die zur Zeit wie folgt an die einzelnen Parteien gehen:

Wahlergebnisse – 2015
Ausgezählt 100.00%
Abgeordnete 135
Wahllokale 8.181
Wahlberechtigte 5.314.913
davon ausgezählt 5.314.913
gewertete Stimmen 4.115.807 77.44%
Nichtwähler 1.199.106 22.56
„Weiße“ Stimmzettel 21.941 0.53%
Angültige Stimmen 15.932 0.39%
Wahlergebnisse
Partei Stimmen Stimmen(%) Sitze
JxSi 1.620.973 39.54% 62
C’s 734.910 17.93% 25
PSC 522.209 12.74% 16
CatSíqueesPot 366.494 8.94% 11
PP 348.444 8.50% 11
CUP 336.375 8.20% 10
unio.cat 102.870 2.51% 0
PACMA 29.785 0.73% 0
REC. CERO-ELS VERDS 14.390 0.35% 0
GUANYEM 1.158 0.03% 0
PIRATA.CAT/XDT 326 0.01% 0

14:25 Uhr
Antonio Baños (CUP) hat auf einer Pressekonferenz mitgeteilt, dass er die Pläne eines unabhängigen Kataloniens nicht mehr unterstützen werde. „Wir könnten zwar mit einer Koalition die Mehrheit der Abgeordneten stellen, jedoch haben wir nicht 50% der Stimmen erreicht.“ Unter diesen Umständen sei es nicht gut diese Pläne weiter zu verfolgen. Aufgrund des katalanischen Wahlrechtes kann eine Abgeordnetenmehrheit ohne Stimmenmehr erreicht werden (siehe 09:53 Uhr).

Damit fehlt Artur Mas ein wichtiger Unterstützer im Kampf für die Unabhängigkeit. Ein Rücktritt als Ministerpräsident Kataloniens und die Aufgabe der Pläne eines unabhängigen Kataloniens werden damit immer wahrscheinlicher.

11:37 Uhr
Obwohl der katalanische Ministerpräsident Artur Mas mit seinem Bündnis Junts pel Sí 62 Mandate holte, glaubt keiner seiner Rivalen, dass er noch einmal „President de la Generalitat“ werden könne. Selbst CUP-Chef Antonio Baños sagte bereits während des Wahlkampfes, dass er Mas nicht unterstützen werden, so lange er das „hypothetische Projekt der Unabhängigkeit“ zu seinem eigenen Kreuzzug mache.

10:53 Uhr
Die Ultralinke Partei CUP, die in Katalonien 10 Sitze erreichen konnte, ruft zu zivilem Ungehorsam gegenüber der Zentralregierung in Madrid auf. CUP-Vorsitzender Antonio Baños sagte auf einer Veranstaltung, dass das spanische Gesetz in Katalonien nun nicht mehr gelte und dieses von den Katalanen missachtet werden müssen. Auf Twitter schrieb er trocken: „Adios España.“

09:59 Uhr
Obwohl die Separatisten um die Bündnisse Junts pel Sí und CUP nur knapp 47% der Stimmen erreichen konnten, werden die Parteien über 53% der Sitze im katalonischen Parlament belegen. Dies ist dem katalonischen Wahlrecht geschuldet, in dem eine Mehrheit der Stimmen nicht unbedingt eine Mehrheit der Abgeordneten bedeutet. Siehe unten.

09:53 Uhr
Hintergrund zum katalonischen Wahlsystem: Das Regionalparlament von Katalonien hat 135 Abgeordnete. Diese werden in vier Wahlkreisen (den Provinzen) gewählt: 85 im Wahlkreis Barcelona, 17 im Wahlkreis Girona, 15 im Wahlkreis Lleida und 18 im Wahlkreis Tarragona. Die Zuteilung der Mandate erfolgt im D’Hondt-Verfahren allein auf Ebene der Wahlkreise, wobei nur Parteien berücksichtigt werden, die im jeweiligen Wahlkreis mindestens drei Prozent der Stimmen erreicht haben. Die Verteilung der Sitze auf die vier Wahlkreise ist seit 1980 unverändert geblieben und folgte auch damals schon nicht dem reinen Proporz. Bei der Wahl 2012 kamen in der Provinz Barcelona ca. 47.500 Wahlberechtigte auf ein Mandat, in der Provinz Girona waren es 29.500, in der Provinz Lleida 20.900 und in der Provinz Tarragona 30.900. Dass die Sitze allein auf Ebene der Wahlkreise verteilt werden (ohne einen Ausgleich nach dem Gesamtwahlergebnis) in Verbindung mit der ungleichen Relation Wahlberechtigte je Sitz ist ein Grund dafür, dass eine Mehrheit im Parlament nicht unbedingt mit einer Mehrheit der Stimmen verbunden ist.

08:12 Uhr
Die separatistischen Parteien gewinnen bei der Wahl in Katalonien die absolute Mehrheit der Sitze. Sie wollen die Region in 18 Monaten zur Unabhängigkeit führen. In Madrid wird jedoch ihr Erfolg infrage gestellt.

Nach der Wahl in Katalonien sehen sich die Separatisten in ihrem Vorhaben zu einer Abspaltung der Region von Spanien bestärkt. «Wir haben gewonnen», sagte der katalanische Regierungschef Artur Mas in der Nacht zum Montag in Barcelona. «Das Wahlergebnis gibt uns die Kraft, den Prozess (einer Abspaltung) fortzusetzen.»

Bei der als historisch eingestuften Wahl hatten die separatistischen Parteien insgesamt die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament der nordostspanischen Region gewonnen. Sie erhielten aber nicht die Mehrheit der abgegebenen Wählerstimmen.

In Kreisen der konservativen spanischen Zentralregierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy hieß es, Mas sei mit seinem separatistischen Vorhaben gescheitert. Der sozialistische Madrider Oppositionsführer Pedro Sánchez betonte: «Die Separatisten haben das Plebiszit verloren.»

Die separatistische Allianz Junts pel Sí (Gemeinsam fürs Ja) von Mas gewann bei der Wahl am Sonntag 62 der insgesamt 135 Sitze. Die ebenfalls separatistische Linkspartei CUP kam auf 10 Mandate. Beide Gruppierungen errangen damit eine absolute Mehrheit im katalanischen Parlament. Sie erhielten aber zusammen mit 47,8 Prozent weniger als die Hälfte der Wählerstimmen.

Die katalanische Regierung hatte die vorgezogene Wahl als eine «Volksabstimmung» über eine Abspaltung der Region von Spanien angesetzt. Mas hatte angekündigt, bei einem Wahlsieg Katalonien in 18 Monaten zur Unabhängigkeit zu führen.

Die Madrider Zentralregierung hatte wiederholt angekündigt, eine Abspaltung Kataloniens unter keinen Umständen zuzulassen. Sie verwies auf die in der Verfassung festgeschriebene Einheit der Nation. Madrid hatte bereits im November 2014 ein Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht verhindert.

Dem separatischen Wahlbündnis von Mas gehören die katalanische Regierungspartei CDC (Demokratische Konvergenz), die Linksrepublikaner (ERC) und Bürgerinitiativen an. Auf seiner Kandidatenliste stand auch der Trainer des deutschen Fußballmeisters FC Bayern München, Pep Guardiola.

Die liberale, prospanische Partei Ciutadans (Bürger) wurde mit 25 Sitzen (2012: 9) die zweitstärkste Kraft im katalanischen Parlament. Die ebenfalls prospanischen Sozialisten (PSC) errangen 16 Mandate, 4 weniger als vor drei Jahren. Rajoys Volkspartei (PP), die in Katalonien traditionell keine bedeutende Rolle spielt, erlitt ein Debakel und kam nur auf 11 Sitze, 8 weniger als 2012. Mehr als 5,5 Millionen Stimmberechtigte waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Im Dezember finden in ganz Spanien Parlamentswahlen statt. Dpa, Hubert Kahl.

01:25 Uhr
Letzten Endes bleibt die Unabhängigkeitspartei Junts pel Sí weit von einer absoluten Mehrheit entfernt. Ohne der Unterstützung von CUP wird sie nicht regieren können. Aufgrund dieser Tatsache könnte es sogar möglich sein, dass Artur Mas nicht als Presidente de la Generalitat weitermacht und seinen Posten jemandem anderen zur Verfügung stellt. Auch die Pläne für ein unabhängiges Katalonien werden dadurch wesentlich komplizierter.

23:29 Uhr
Albert Rivera, Vorsitzender von Ciudadanos Catalunya, tritt vor die Presse und ruft einen Wechsel in Katalonien aus. „Heute ist nicht nur Mas‘ Unabhäniggkeitsprojekt gestorbern, nein, heute wurde eine neue Politikepoche in Spanien ausgesprochen. Die einzigen, die ohne jemanden zu beleidigen ihr Wahlergebnis verdreifachen konnten warun wir, Die Ciudadanos aus Katalonien. Wir werden heute Nacht schlafen gehen, wissend dass wir gemeinsam weitermachen.“

23:24 Uhr
Pable Casado (PP) greift aus Madrid Artur Mas an: „Ihr habt keine absolute Mehrheit erreicht und niemand will mit euch koalieren“, sagt er vor seinen Anhängern. Die PP ist in Katalonien traditionell sehr schwach vertreten und konnte auch bei dieser Wahl nur 11 Sitze ergattern.

23:18 Uhr
Inés Arrimadas (Ciudadanos Katalonien) tritt mit Jubelschreien ihrer Anhänger vor die Presse: „Heute hat sich gezeigt, dass Katalonien Spanien ist“, sagte sie. Sofort kamen Rufe: „Cataluña es España“ – „Katalonien ist Spanien“. Arrimadas fordert Neuwahlen, da sie nicht an eine Legitimation von Artur Mas glaubt. Ciudadanos hat 25 Sitze in Katalonien erreichen können.

23:11 Uhr
Der Vorsitzende der Ultralinken CUP, die für die Abspaltung Kataloniens von Spanien steht, warnt Spanien vor einer neuen Revolution, falls einer Unabhängigkeitserklärung nicht stattgegeben werden sollten. Spanien müsse sich Gedanken um seine Verfassung machen, wenn eine legitimierte Mehrheit eine Abspaltung einer einzelnen Region wolle.

23:07 Uhr
Pablo Iglesias, der mit seiner Podemos-Partei zur Stunde auf nur 11 Sitze kommt, tritt vor die Presse. „Spanien braucht einen Präsidenten, der auf die Bedürfnisse Kataloniens eingeht“, sagt Iglesias in Bezug auf die Generalwahlen im Dezember. „Wir werden außerdem weiterhin für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger kämpfen und uns nicht von Wahlergebnissen irritieren lassen“, so Iglesias weiter.

22:38 Uhr
„Bei mehr als 76% Wahlbeteiligung sind alle Anschuldigungen widerlegt, dass das normale Volk nicht an die Wahlurne gehen würden, wenn es wirklich um etwas Wichtiges geht“, sagte Separatistenführer Artur Mas vor der Presse. „Was sagen nun all die Menschen, die nicht an das Volk geglaubt haben?“

21:02 Uhr
Der stellvertretende Sekretär von Ciudadanos Germán González erklärt, dass dies zwar nur regionale Wahlen seien, diese jedoch von nie dagewesener Wichtigkeit seien.

20:34 Uhr
Der Vorsitzende der Separatistenpartei CUP sagt in einem Interview mit der Presse offen: „Auf Wiedersehen Spanien“. Die Separatisten haben eine deutliche Mehrheit im Parlament erlangt.

20:20 Uhr
Einer Sondierung von TV3 zu Folge haben die Separatisten eine absolute Mehrheit in Katalonien erlangt. Mehr Informationen in wenigen Minuten hier im Live-Ticker.

27.09.2015, 20:00 Uhr
Die Wahllokale sind geschlossen. 5,5 Millionen Katalanen hatten bis eben die Möglichkeit ihre Stimme abzugeben. Jetzt wird sich entscheiden ob die Separatisten eine absolute Mehrheit im Parlament erreichen konnten. Ministerpräsident Artur Mas kündigte an im Falle eines Wahlsieges Katalonien binnen 18 Monaten in die Unabhängigkeit zu führen. Die konservative Regierung aus Madrid will dies um jeden Preis verhindern und brachte sogar schon das Verfassungsgericht in Stellung.Kataloniens Regierung sieht in der Wahl eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit der Region. Die Madrider Zentralregierung will eine Abspaltung Kataloniens nicht zulassen. Sie räumt aber ein, dass der Regionalwahl eine besondere Bedeutung zukommt.

In einer als historisch eingestuften Abstimmung haben die Katalanen am Sonntag ein neues Parlament für ihre Region im Nordosten Spaniens gewählt. Die katalanische Regierung von Ministerpräsident Artur Mas betrachtete die Wahl als ein Plebiszit über eine Abspaltung der Region von Spanien. «Katalonien entscheidet über seine Zukunft als ein Teil Spaniens», titelte die Zeitung «El Mundo».

Die Regierungspartei CDC (Demokratische Konvergenz) hatte sich für die Wahl mit ihrem langjährigen Rivalen ERC (Linksrepublikaner) und Bürgerinitiativen zu einem Separatistenbündnis zusammengeschlossen. Die Allianz will bei einem Wahlsieg die wirtschaftsstärkste Region Spaniens in 18 Monaten zur Unabhängigkeit führen. Auf ihrer Kandidatenliste stand auch der Trainer des deutschen Fußballmeisters FC Bayern München, Pep Guardiola.

Die Madrider Zentralregierung will jedoch eine Abspaltung Kataloniens unter keinen Umständen zulassen. Sie hatte bereits im November 2014 ein Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht verhindert. In einer – im Schnellverfahren verabschiedeten – Reform erteilte Madrid den Verfassungsrichtern kürzlich die Befugnis, den katalanischen Regierungschef notfalls seines Amtes zu entheben, falls dieser sich über die Urteile des Gerichts hinwegsetzt.

Nach Umfragen dürfte das separatistische Wahlbündnis Junts pel Sí (Gemeinsam fürs Ja) aus der Wahl als die eindeutig stärkste Kraft hervorgehen, die absolute Mehrheit allerdings verfehlen. Damit könnte die linksstehende Partei CUP (Kandidatur der Volkseinheit) eine Schlüsselrolle einnehmen. Sie ist ebenfalls für eine Abspaltung Kataloniens von Spanien, aber gegen eine Bestätigung des Liberalen Mas im Amt des Regierungschefs.

Am Sonntagmittag zeichnete sich nach Rundfunkberichten eine hohe Wahlbeteiligung ab. Gut 5,5 Millionen Wahlberechtigte waren zur Stimmabgabe aufgerufen. dpa.

Hintergrundinfos zur Wahl in Katalonien

Am 27. September 2015 finden die Wahlen zum Regionalen Parlament der Autonomen Gemeinschaft Katalonien statt. Es handelt sich hierbei um die 11. Legislaturperiode seit Ende der Franco-Diktatur. Die letzten Parlamentswahlen fanden am 25. November 2012 statt. Somit handelt es sich um vorgezogene Wahlen, da es regulär erst im Herbst 2016 neue Wahlen hätte geben dürfen.

Verlauf während der X. Legislaturperiode (2012–2015)

Bildung der Regierung und Erklärung der Souveränität

Nach der Wahl 2012 traten die katalanisch-bürgerliche CiU und die linkskatalanische ERC in Verhandlungen über ein Tolerierungsabkommen ein. In diesem vereinbarten sie, einen Prozess einzuleiten, der möglichst im Jahre 2014 in einer Volksbefragung darüber münden soll, ob aus Katalonien ein „Staat im europäischen Rahmen“ werden soll. Daraufhin wurde Artur Mas mit den Stimmen der ERC erneut zum Ministerpräsidenten einer CiU-Minderheitsregierung gewählt.

Am 23. Januar 2013 verabschiedete das Regionalparlament daraufhin eine Resolution, in der es u.a. heißt, dass „das Volk von Katalonien aus Gründen demokratischer Legitimität den Charakter eines souveränen politischen und rechtlichen Subjekts hat“ und in der der Entschluss zur Abhaltung eines Referendums erneut bekräftigt wurde. Die Resolution wurde mit 85 Stimmen (CiU, ERC, ICV-EUiA und ein Abgeordneter der CUP) angenommen, 41 Abgeordnete (15 der PSC, 17 der PP und die 9 Abgeordneten von Ciutadans) stimmten dagegen. Zwei Abgeordnete der CUP enthielten sich. Zwei Abgeordnete der PP waren krankheitsbedingt nicht anwesend, und fünf Abgeordnete der PSC nahmen aus Protest gegen die Linie ihrer Partei nicht an der Abstimmung teil.

Vereinbarung der Fragestellung der beabsichtigten Volksbefragung

Am 12. Dezember 2013 verkündete Artur Mas gemeinsam mit Vertretern der Parteien CiU, ERC, ICV-EUiA und CUP, dass die Durchführung der Volksbefragung am 9. November 2014 angestrebt werde. Die Fragestellung sollte lauten: „Wollen Sie, dass aus Katalonien ein Staat wird?“ Wer diese Frage mit „ja“ beantwortet, sollte sich noch zu einer zweiten Frage äußern, nämlich: „Wollen Sie, dass dieser Staat unabhängig ist?“

Gescheiterter Versuch der Abhaltung eines Referendums bzw. einer „nicht-referendiellen“ Volksbefragung[Bearbeiten]
Nachdem der Versuch eine solche Volksbefragung in der Form eines Referendums durchzuführen am Widerstand des gesamtspanischen Parlaments und der Zentralregierung in Madrid gescheitert war, verabschiedete das katalanische Parlament am 19. September 2014 das „Gesetz über nicht-referendielle Volksbefragungen und Bürgerbeteiligung“. Damit sollte die Rechtsfigur einer „nicht-referendiellen Volksbefragung“ geschaffen werden. Rechtlicher Hintergrund ist, dass Referenden nach der spanischen Verfassung der Genehmigung durch das gesamtspanische Parlament bzw. die gesamtspanische Regierung bedürfen, die nicht zu erwarten war.

Das Gesetz trat zunächst am 27. September 2014 mit seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Region Katalonien in Kraft. Am selben Tag beraumte der katalanische Ministerpräsident gestützt auf dieses Gesetz die „nicht-referendielle Volksbefragung“ mit der am 12. Dezember 2013 zwischen den Parteien vereinbarten zweiteiligen Abstimmungsfrage per Dekret für den 9. November 2014 an.

Mit einer Öffentlichkeitskampagne der Generalitat unter dem Schlagwort Tú Decideixes („Du entscheidest“) wurde für die Teilnahme an der beabsichtigten Volksbefragung am 9. November 2014 geworben.

Die spanische Regierung beschloss am 29. September 2014, sowohl gegen das Gesetz als auch gegen das Dekret über die Anberaumung der Volksbefragung unverzüglich einen Normenkontrollantrag beim Verfassungsgericht zu stellen. Das Verfassungsgericht nahm diese Anträge noch am selben Tag zur Entscheidung an. Mit der Annahme der Anträge zur Entscheidung wurden Gesetz und Dekret nach der spanischen Verfassung automatisch vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Von der „nicht-referendiellen“ Volksbefragung zur „alternativen Abstimmung“

Am 13. Oktober 2014 kam es zu einem Zusammentreffen der die Volksbefragung befürwortenden Kräfte. An deren Ende wurde bekannt, dass die für den 9. November 2014 angesetzte förmliche Volksbefragung von der Regionalregierung nicht weiterverfolgt werde. Allerdings teilte Ministerpräsident Mas am folgenden Tag mit, dass es dennoch am 9. November 2014 eine „alternative Abstimmung“ mit Abstimmungslokalen, Stimmzetteln und Wahlurnen geben werde. Man werde einen alternativen Weg suchen, eine Befragung abzuhalten. Auf welche Rechtsgrundlage er sich hierfür stützen wolle, teilte er nicht mit. Es werde auch keine formelle Anberaumung der Befragung geben, da eine solche einen Verwaltungsakt darstelle, der von der Zentralregierung angefochten werden könne. Die Regionalregierung werde die Abstimmungslokale bereithalten und die Abstimmung mit Hilfe von „20.000 Freiwilligen“ organisieren. Bei dieser alternativen Art der Volksbefragung könne es sich auch nur um eine „Vor-Abstimmung“ handeln. Die endgültige Abstimmung könne jetzt nur noch durch eine Neuwahl des Regionalparlaments erfolgen, zu der die eine Unabhängigkeit der Region befürwortenden Parteien mit einer gemeinsamen Liste und einem gemeinsamen Programm antreten, also durch eine Wahl mit „plebiszitärem Charakter“.

Die „alternative Abstimmung“ vom 9. November 2014

Vor dem 9. November 2014 wurden weder Wahlbenachrichtigungen an die Abstimmungsberechtigten versandt, noch wurden Wählerverzeichnisse erstellt, da insoweit eine Verwendung der Daten aufgrund der fehlenden gesetzlichen Grundlage der Abstimmung gegen Datenschutzrecht verstoßen hätte. Das für sie zuständige Abstimmungslokal konnten die Wahlberechtigten über das Internet abrufen oder telefonisch erfragen. Die Regionalregierung (Generalitat) teilte mit, dass es insgesamt 6.430 Abstimmungslokale in 941 Gemeinden gegeben habe. Lediglich in sechs Gemeinden gab es damit kein eigenes Abstimmungslokal.

Um abstimmen zu können, musste der Wahlberechtigte seinen Personalausweis vorlegen. Seine Daten (Name und Ausweisnummer) wurden dann in eine nummerierte Wählerliste eingetragen und in einem Computer erfasst, womit Mehrfachstimmabgaben vermieden werden sollten. Vor der Stimmabgabe musste der Abstimmende – anders als bei Wahlen – hinter seiner Eintragung in der Wählerliste unterschreiben, womit er sein Einverständnis mit der Erhebung der Daten erklärte.

Zur Teilnahme berechtigt waren unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit alle Personen ab 16 Jahren, aus deren Ausweis sich eine Anschrift in Katalonien ergab. Auch im Ausland war die Abstimmung in 17 Abstimmungslokalen möglich.

Da die spanische Regierung – obwohl auch diese „alternative Abstimmung“ durch das Verfassungsgericht ausgesetzt worden war – keine konkreten Schritte zu deren Verhinderung ergriff, fand sie am 9. November 2014 statt. Mehrere am 9. November gestellten Eilanträge (unter anderem von der UPyD), die Abstimmung durch Schließung der Abstimmungslokale zu unterbinden, wies der Bereitschaftsrichter in Barcelona als unverhältnismäßig ab.

Die Abstimmung verlief ohne größere Zwischenfälle.

Ergebnis der „alternativen Abstimmung“ vom 9. November 2014

Nach Angaben der Regionalregierung nahmen 2.305.290 Personen am 9. November 2014 an der Abstimmung teil. Weil es kein Wählerverzeichnis gab, lässt sich die Beteiligung nicht genau ermitteln, sondern nur anhand anderer statistischer Daten schätzen. Die Medien gehen davon aus, dass sich damit etwa ein Drittel der Abstimmungsberechtigten beteiligten.

Das Ergebnis teilte die Regionalregierung wie folgt mit: 1.861.753 Stimmen (80,76 %) mit einem „Ja“ auf beide Fragen (also für die Unabhängigkeit), 232.182 Stimmen (10,07 %) mit „Ja“ auf die erste und „Nein“ auf die zweite Frage, 22.466 Stimmen (0,97 %) mit „Ja“ auf die erste und keiner Angabe zur zweiten Frage, 104.772 Stimmen (4,54 %) mit „Nein“ auf die erste Frage, 12.986 leere Stimmzettel (0,56 %) und 71.131 „andere“ (3,09 %). Da es sich um einen Bürgerbeteiligungsprozess handelte, bestand keine Bindung an die Fragen und Antworten auf dem Stimmzettel, sodass jede beliebige Meinungsäußerung zulässig war. Solche Stimmzettel wurden unter „andere“ zusammengefasst.

Ankündigung vorgezogener Neuwahlen mit „plebiszitärem Charakter“

Am 25. November 2014 kündigte Ministerpräsident Mas in einer Rede an, dass er vorgezogene Neuwahlen zum Regionalparlament mit „plebiszitärem Charakter“ über die Frage der Unabhängigkeit der Region von Spanien anstrebe. Dies solle dadurch erreicht werden, dass sich alle die Unabhängigkeit unterstützenden Kräfte zu einer gemeinsamen Wahlliste zusammenschließen mit dem gemeinsamen Ziel, dann nach der Wahl binnen 18 Monaten die Unabhängigkeit zu erreichen. Am 15. Januar 2015 kündigte er dann an, diese Wahlen für den 27. September 2015 ansetzen zu wollen.

Auflösung von Convergència i Unió

Die CDC unterzeichnete im März 2015 gemeinsam mit der ERC und anderen katalanisch-nationalistischen Kräften eine Erklärung, wonach das im September 2015 zu wählende Parlament einen verfassungsgebenden Prozess einleiten soll. Die UDC unterzeichnete diese Erklärung nicht. Ihre Mitglieder nahmen im Juni 2015 vielmehr in einer Urabstimmung mit knapper Mehrheit einen Vorschlag an, der eine einseitige Unabhängigkeitserklärung und die „Einleitung eines sich nicht im Rahmen der Legalität bewegenden verfassungsgebenden Prozesses“ ausschließt. Daraufhin kam es zum Bruch zwischen CDC und UDC und der Auflösung ihres seit 35 Jahren bestehenden Bündnisses (CiU). Die UDC zog ihre Minister aus der Regionalregierung ab.

Offizielle Anberaumung der Wahl

Nachdem sich CDC und ERC im Juli 2015 auf das Antreten mit einer gemeinsamen Liste geeinigt hatten, unterzeichnete Ministerpräsident Mas am 3. August 2015 offiziell das Dekret über die Auflösung des Regionalparlaments und die Anberaumung von Neuwahlen auf den 27. September 2015.

Der angestrebte „plebiszitäre Charakter“ der Wahl

Nachdem die Abhaltung eines Referendums bzw. einer Volksbefragung über die Frage der Unabhängigkeit nicht möglich war und am 9. November 2014 nur eine halb-offizielle „alternative Abstimmung“ (z.B. ohne Wählerverzeichnisse) stattfinden konnte, kündigte Ministerpräsident Mas Wahlen zum Regionalparlament mit „plebiszitärem Charakter“ an. Hintergrund ist, dass es der Zentralregierung allein schon mit Einreichung der Verfassungsklagen möglich gewesen war, ein Referendum bzw. eine förmliche Volksbefragung zu verhindern. Die Entscheidung über die Auflösung des Regionalparlaments und die Anberaumung von Neuwahlen liegt hingegen allein beim Ministerpräsidenten. Praktisch stellen Parlamentswahlen aufgrund des Widerstands aus Madrid gegen ein Referendum damit derzeit die einzige Möglichkeit dar, zu einem regulären Urnengang unter den rechtlichen Garantien des Wahlrechts zu kommen. Mit der Absicht dieser Wahl einen „plebiszitären Charakter“ zu verleihen, wollen die Befürworter dieser Idee ihr indirekt die Bedeutung einer Volksabstimmung über die Unabhängigkeit beimessen. Rein rechtlich handelt es sich aber um gewöhnliche Parlamentswahl, ein „plebiszitärer Charakter“ kann sich nur faktisch aufgrund der Handlungen der politischen Akteure ergeben.

Kritiker weisen aber darauf hin, dass durchaus fraglich ist, wann dieses indirekte Plebiszit über die Frage der Unabhängigkeit als angenommen gelten soll. CDC und ERC wollen nach ihrem gemeinsamen Wahlprogramm einen Unabhängigkeitsprozess einleiten, wenn sich im neu gewählten Parlament eine Mehrheit der die Unabhängigkeit tragenden Kräfte ergibt. Aufgrund des Wahlsystems muss eine absolute Mehrheit im Parlament aber nicht zwingend mit einer absoluten Mehrheit der abgegebenen Stimmen verbunden sein. So hatte etwa die CiU bei den unter gleichem Wahlrecht abgehaltenen Regionalwahlen 1984, 1988 und 1992 mit Stimmanteilen von lediglich 45 bis 47 % jeweils die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament erreicht.

Weiteres Problem ist in diesem Zusammenhang, dass sich ein wirklich „plebiszitärer Charakter“ nur ergibt, wenn diese eine Frage der Unabhängigkeit für jeden einzelnen Wähler das einzig ausschlaggebende Kriterium für seine Wahlentscheidung wäre. Auch dies kann aber nicht zwingend vorausgesetzt werden. Zwar ist dieses Thema zumindest in der veröffentlichten Meinung das meist diskutierte, woraus aber nicht geschlossen werden kann, dass es auch für jeden einzelnen Wähler das allein entscheidende ist. So kann es Wähler geben, denen andere Politikfelder (z.B. Sozialpolitik) persönlich wichtiger sind und die deshalb ihre Wahlentscheidung nach den Aussagen der Parteien zu diesem Thema treffen.

Wahlsystem

Das Regionalparlament von Katalonien hat 135 Abgeordnete. Diese werden in vier Wahlkreisen (den Provinzen) gewählt: 85 im Wahlkreis Barcelona, 17 im Wahlkreis Girona, 15 im Wahlkreis Lleida und 18 im Wahlkreis Tarragona. Die Zuteilung der Mandate erfolgt im D’Hondt-Verfahren allein auf Ebene der Wahlkreise, wobei nur Parteien berücksichtigt werden, die im jeweiligen Wahlkreis mindestens drei Prozent der Stimmen erreicht haben. Die Verteilung der Sitze auf die vier Wahlkreise ist seit 1980 unverändert geblieben und folgte auch damals schon nicht dem reinen Proporz. Bei der Wahl 2012 kamen in der Provinz Barcelona ca. 47.500 Wahlberechtigte auf ein Mandat, in der Provinz Girona waren es 29.500, in der Provinz Lleida 20.900 und in der Provinz Tarragona 30.900. Dass die Sitze allein auf Ebene der Wahlkreise verteilt werden (ohne einen Ausgleich nach dem Gesamtwahlergebnis) in Verbindung mit der ungleichen Relation Wahlberechtigte je Sitz ist ein Grund dafür, dass eine Mehrheit im Parlament nicht unbedingt mit einer Mehrheit der Stimmen verbunden ist.

Kandidaturen

Die Kandidaturen, die Aussicht haben, in das neu gewählte Parlament einzuziehen, im Einzelnen:

Bei der Kandidatur Junts pel Sí („Zusammen für das Ja“) handelt es sich um eine gemeinsame Liste der liberalen CDC und der linken ERC, denen gemein ist, dass sie für die Unabhängigkeit Kataloniens eintreten. Unterstützt wird sie von weiteren sezessionistischen Parteien und Vereinigungen (Demòcrates de Catalunya, eine 2015 gegründete Abspaltung von der UDC; Moviment d’Esquerres, eine Abspaltung von der PSC; Assemblea Nacional Catalana und Omnium Cultural). Das Wahlprogramm von Junts pel Sí sieht vor, dass bei einer Mehrheit für die Abspaltung von Spanien im Parlament folgende Schritte erfolgen sollen: zunächst die Verabschiedung einer Resolution, mit der der Beginn des Unabhängigkeitsprozesses proklamiert wird. Daran anschließen soll sich die erste Phase der Erarbeitung einer katalanischen Verfassung, die in einer Bürgerbeteiligung bestehen soll. Nach Beendigung dieser Phase soll das Parlament eine Unabhängigkeitserklärung beschließen und in Verbindung damit ein Übergangsgesetz, in dem u.a. festgelegt werden soll, welche Bestimmungen des spanischen Rechts weiter fortgelten. Daran anschließen soll sich die parlamentarische Erarbeitung der neuen Verfassung durch das Parlament. Danach sollen Neuwahlen erfolgen. All dies soll bis Frühjahr 2017 abgeschlossen sein. Als letzter Schritt ist ein Referendum über die neue Verfassung vorgesehen.

Ebenfalls für eine einseitige Unabhängigkeitserklärung und die Einleitung eines verfassungsgebenden Prozesses tritt die antikapitalistische Linkspartei Candidatura d’Unitat Popular (CUP) ein, die seit 2012 im Regionalparlament vertretenen ist.

Nach der Auflösung des Parteienverbands CiU tritt die christdemokratische UDC erstmals allein zu Regionalwahlen an. In ihrem Programm verteidigt die UDC die Souveränität Kataloniens und das Recht des katalanischen Volkes, über seine politische Zukunft selbst zu entscheiden („dret a decidir“). Denkbares Ergebnis eines solchen Prozesses seien sowohl eine Konföderation mit Spanien als auch ein unabhängiger Staat. Allerdings sei bei allen Schritten das geltende Recht zu beachten, was sowohl eine einseitige Unabhängigkeitserklärung als auch die einseitige Einleitung eines verfassungsgebenden Prozesses ausschließe.

Die gesamtspanische linke Protestpartei Podemos, die katalanisch-ökosozialistische ICV und die EUiA (katalanische Gliederung der gesamtspanischen Linkspartei Izquierda Unida) haben sich für die Wahl zu der Gemeinschaftskandidatur Catalunya Sí que es pot („Katalonien, ja wir können“) zusammengeschlossen. In ihrem Wahlprogramm verteidigt die Kandidatur – ähnlich wie die UDC – das dret a decidir, ohne eine Aussage zur Frage des Ergebnisses zu machen. Der Vorsitzende von Podemos, Pablo Iglesias, lehnt eine Unabhängigkeit Kataloniens ab. Die ICV führte im Oktober 2014 eine interne Urabstimmung über die Haltung der Partei zu der bei der Abstimmung vom 9. November 2014 vorliegenden Fragestellung durch, bei der die Linie des Vorstands bestätigt wurde: „Ja“ zu der ersten Frage (Eigenstaatlichkeit Kataloniens), keine Empfehlung an die Mitglieder zur zweiten Frage (Unabhängigkeit Kataloniens).

Die sozialdemokratische PSC (Schwesterpartei der gesamtspanischen PSOE) befürwortet wie die PSOE die Umwandlung Spaniens in einen Bundesstaat.

Die Partei Ciutadans (C’s) lehnt ein Selbstbestimmungsrecht Kataloniens und eine Volksbefragung ab und befürwortet das geltende spanische Staatsmodell der Autonomen Gemeinschaften. Dieses soll jedoch durch eine endgültige Fixierung der Kompetenzabgrenzungen „abgeschlossen“ werden.

Der Regionalverband der konservativen PP lehnt ebenfalls eine Volksbefragung ab und tritt für die Beibehaltung des status quo ein.

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