Was für den Deutschen der Kartoffelsalat ist, ist für den Spanier, Russen und Franzosen der ensaladilla rusa oder ensaladilla olivier. Oder sollte man die deutsche Leibspeise doch eher mit den „patatas aliñadas“ vergleichen? In einem Artikel vom Tagesspiegel: „Da haben wir den Salat“ von 2007 , beschreibt Susanne Kippenberger die Glaubensfrage, ob Kartoffelsalat mit Brühe, Essig und Öl angemacht wird oder mit Mayonnaise und wie das den Norden und Süden des Landes spaltet. Der Spanier war da etwas schlauer und hat einfach zwei verschiedene Gerichte daraus gemacht, die „patatas aliñadas“ mit Essig und Öl und den „ensaladilla rusa“ mit Mayonnaise. Doch woher kommt der ensaladilla rusa, wenn doch die Franzosen und Russen auch eine ähnliche Abwandlung von diesem Salat in ihrer Speisekarte stehen haben?
Geschichte
Befragt man das Internet, dann erhält man viele Geschichtserklärungen. Die uns am einleuchtesten erscheint, steht auf der Seite www.enciclopediadegastronomia.es und ist von Pepe Iglesias „Historia de la ensaladilla rusa“, Dezember 2012. Der Leser wird informiert, dass der ensaladilla rusa von einem französisch-belgischen Koch namens Lucien Olivier stammt, der in dem Restaurant „L‘ Ermitage“ oder „Hermitage“ in Moskau arbeitete und den Salat durch seine Mayonnaisen-Gelatine unabsichtlich kreierte.
Es wird berichtet, dass es in der Zeit um 1864 üblich in Russland war, eine kalte Vorspeise zu servieren, die aus einer Variation von kaltem Fleisch bestand. Zum Beispiel wurde gegrillter Fasan, Roastbeef etc. verwendet und durch eine Auswahl von Meeresfrüchten und Fisch ergänzt sowie mit Kaviar, Kapern oder Gewürzgurken abgerundet. Die Vorspeise servierte man mit verschiedenen Soßen. Lucien Olivier staffierte seine noch unbekannte Mayonnaisen-Gelatine auf den Vorspeisenteller als Dekoration. Die Russen interpretierten seine kreative Schaffung jedoch anders als geplant. Sie vermischten alles zusammen und der ensaladilla rusa war geboren.
Die Sauce
Die geheimnisvolle Rezeptur der Mayonnaise soll Olivier mit ins Grab genommen haben. Aufgrund der gehobenen Küche und den teuren Zutaten, die er verwendete, entstanden später einfachere und zugänglichere Versionen, die als Vorlage den Salat der Konkurrenz nahmen. Der zweite Küchenchef vom L‘ Ermitage, Iván Ivanov kopierte damals das Rezept von Olivier und versuchte damit, bei der Konkurrenz erfolgreich zu werden. Sein Versuch nannte sich „la Stolichny ensaladilla“, welcher jedoch nicht den Geschmack traf und er erfolglos blieb!
Eine der Zugaben der geheimen Rezeptur soll Dijon Senf gewesen sein, was wiederum eine weitere Glaubensfrage beim deutschen Kartoffelsalat ins Spiel bringt, aber auch Olivenöl aus der Provence, Essig aus Bordeaux und frischer Trüffel waren enthalten. Nach Iglesias verwendete Olivier damals zwei Soßenmischungen, die er zu einer vereinte, ein Teil bestand aus einer Mayonnaise und der andere aus einer Vinaigrette, die die eben aufgeführten Zutaten enthielten und mit etwas Fleisch- und Meeresfrüchtenbrühe verfeinert wurde.
Am Anfang bestand der Salat aus Kartoffeln, Mayonnaise und Karotten, mehr war es nicht. Heute gibt es die verschiedensten Abwandlungen, die sich von Land zu Land natürlich nochmals unterscheiden. Man kann also davon ausgehen, dass der ensaladilla rusa in Russland nicht aus der gleichen Rezeptur besteht, wie in Frankreich oder Spanien. Doch Ähnlichkeiten gibt es auf jeden Fall. Bei den Russen gehört der Salat zum traditionellen Silvestermenü.
Foto: Juanjo Castillo: Ensaladilla en barra